Der letzte Walzer - The last waltz!

Das Jahr schreitet voran. In 9 Tagen beginnt der meteorologische Sommer. Sommeranfang bedeutet auch: Die Tagen werden danach wieder kürzer. Bei den ersten Junitagen nach dem 20. zeigt sich dieses zunächst kaum. Der längste Tag des Jahres,der in den skandinavischen Ländern mit viel Tradition, Tanz, Gesang und noch mehr Alkohol begangen wird, bedeutet den Höhepunkt des Jahres, weil das Licht, der Tag, die Dunkelheit, die Nacht, dominiert.

Doch das ist nicht sehr lange so. Bereits am Juli hat die Nacht dem Tag gut 16 Minuten wieder abgenommen; einen Monat später sind es bereits fast 2 Stunden. Am 20 September des Jahres sind es mehr als 3, 5 Stunden. Dann beginnt der Herbst und die erneute Tag - und Nachtgleiche setzt ein. Drei Monate später wird die Winterzeit eingeläutet. Die Dunkelheit hat wieder obsiegt.

Setzt dieser Ablauf Jahr für Jahr ein, so lässt er sich aber nicht unbedingt auf das Leben eines Menschen ummünzen. Dieses wird nie gleichförmig verlaufen. Hier gibt es oft vielfache Höhen sowie auch Tiefen. Und dieses innerhalb der verschiedenen Lebensabschnitte.

Doch die vier Jahreszeiten können - wohl eher symbolisch - auch auf das Menschenleben angewandt werden.
Frühling könnte somit die Phase von der Geburt an bis zum Beginn der Volljährigkeit; eventuell sogar dem biologischen Wachstums - und Entwicklungsabschluss betrachtet werden.
Der Sommer ist möglicherweise die Zeitspanne, innerhalb derer ein Mensch seine Planungen, seine Vorhaben und seine Wünsche umsetzt. Sei es nun privater oder auch beruflicher Art. Diese Zeitspanne ließe sich von Mitte 20 bis Ende 40 eingrenzen.
Der Herbst dient dann der Ernte seiner Bemühungen, aus seinem Dasein irgendwie, irgendwo, irgendetwas Sinnvolles - es kann auch eher Sinnlosen sein - zu machen. Eventuell ist dieses die Zeit von  Anfang 50 bis Ende 60.
Der Winter wäre sodann die Lebenszeit, in der der Mensch sich zur Ruhe setzen sollten. Er könnte jetzt von seinem Lebenswerk existieren oder auf dieses mild zurückblickend.
Der Mensch hat es geschafft. Er darf sich mit jedem weiteren Jahr über dieses freuen. Solange, bis es für immer um ihn herum dunkel wird und auch bleibt.

Doch, diesen ideal - typischen Lebenslauf, ihn wird es eher selten geben. Deshalb, weil andere Mitmenschen ihr Leben eben nicht an dem eigenen ausrichten. Leben bedeutet deshalb viel mehr, als nur Glück, Zufriedenheit und Frohsinn. Nein, es hat andere Überraschungen parat. Einige davon sind nicht vorhersehbar, sind kommen wie ein Blitz aus heiterem Himmel; sie sind unangenehm, bedrohend und dann und wann nicht mehr zu meistern.

Jedoch geht das reale Leben weiter, so, wie die Uhr tickt, die Sonne auf und unter geht, die vier Jahreszeiten kommen und wieder gehen.

Am 9. Mai 2020 verstarb mein im benachbarten Baden - Württemberg wohnender Bruder. Er wurde nicht einmal 66 Jahre alt. Er konnte damit die Früchte seines Lebens nicht mehr einfahren; den Ruhestand nicht mehr genießen, den Herbst des Lebens nicht mehr wahr nehmen.

Ich habe heute Morgen um 2.00 Uhr durch meine bessere Hälfte davon erfahren. Sie las eine Todesanzeige im Internet.

Wir hatten seit dem Tod unserer Mutter keinen Kontakt mehr. Das war aber auch seit 2 Jahrzehnten vor seinem Tod überwiegend so. Wir haben uns auseinander gelebt, ohne Besuche, ohne Telefonate, ohne Briefe. Es mag an vielen Dingen gelegen haben. Die sehr unterschiedlichen Lebensplanungen mit den Partner zählen auch dazu.

Geschwister sind häufig sehr verschieden. Deshalb reichen manchmal kleine Ereignisse, um den Kontakt zueinander einschlafen zu lassen.

Dennoch sind mir eine Vielzahl von Begebenheit noch in guter Erinnerung, in denen wir so etwas wie Geschwister waren. Wir hatten dabei Gemeinsamkeiten, Zwistigkeiten gehörten auch dazu. Jetzt, wo mein Bruder nicht mehr unter uns Lebenden weilt, wo seine Asche auf einem Meer verteilt worden ist, bleiben nur noch diese Erinnerungen. Sichtbares hierzu habe ich nicht. Nur einige Bilder aus dem Netz.

Mein Bruder hat zuletzt über einige Jahre getanzt.

Seinen letzten Waltzer musste er indes alleine absolvieren.

Ich werde mir nun die Zeit nehmen, um jene, nur in meinem Gedächtnis gebliebenen Erinnerungen über ihn in meinen Blog zu schreiben.

Ich bin es ihm schuldig. Bei allen Verschiedenheiten, die uns ausmachte.





Leonard Cohen  -  Sister Of Mercy  -  Songs Of ....  -  1967:

LED ZEPPELIN  -  The Rain Song  -  The Song Remains The Same  - 1975:









Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?