Tornado über Eching

 Das Massenbesäufnis mit dem unverfänglichen Namen " Brass Wiesn " ist bereits in die Analen der Gemeinde eingegangen. Es wird als Veranstaltung von Pleiten, Pech und Pannen ad acta zu legen sein. Pannen deshalb, weil zwei Besucher die negativen Seiten ihres Aufenthalts kennen lernen mussten. Einer wurde bekanntlich schwer verletzt, der andere ertrank im Echinger See. Pech deshalb, weil ein drohendes Unwetter den Spaß am Freitag abrupt beendete. Und Pannen, vor allem deshalb, weil die Organisation in einigen Bereichen nicht wirklich funktionierte.

Insbesondere in Sachen Müllvermeidung und Müllbeseitigung nicht. 

Bereits am Montag nach der Veranstaltung wurde das gesamte Ausmaß der Müllablagerungen auf dem zum Zeltplatz umfunktionierten Feld vor dem Mallertshofer Holz deutlich. Die bei der Suche nach dem zu diesem Zeitpunkt noch als vermisst geltenden 25jährigen Mann, eingesetzten Bereitschaftspolizisten erstreckten ihr Gebiet auf dieses längst verlassene Feld. Hier durch kämmten sie auch die Müllhaufen, die jene campierenden Besucher dort hinter lassen hatten.

Ein leitender Beamter sprach alsdann, dass es dort aussähe, als sei ein Tornado hinweg gefegt.   

Während eines Laufs am heutigen Morgen, der uns zunächst zum Echinger See führte, war indes von jener Müll - Orgie nichts mehr zu sehen. Allenfalls neben den noch nicht abgebauten Holzhäusern erkannten wir eine Vielzahl der typisch blauen Müllsäcke Der Rasen jedoch, der noch vor einigen Wochen im satten Grün und gemäht an unserer Wegstrecke zu sehen war, hatte eine braune Farbe bekommen. Einige Hundert Meter aber sahen die Grasflächen anders aus. Hier setzte die Gemeinde sogar Sprenklersysteme ein, um das seit Wochen fehlende Regenwasser zu ersetzen.

Eine ungewollte Erfrischung in den Morgenstunden erwartete uns beim Vorbeilaufen, denn die Rasensprenger waren eher grob eingestellt. Sie benetzten deshalb auch den Gehwegbereich. Wir stoppten deshalb und schlängelten uns eilenden Schrittes durch die über unseren Köpfen herunter rieselnden Wasserbögen. Geschafft!

Unser Lauf führte und nun an den so genannten Strandbereich entlang. Ein Fahrrad stand einsam an einen Baum gelehnt. Wir erkannten eine jüngere Frau, die sich auf den Sand gehockt hatte. Sie starrte von dort regungslos auf das friedlich stehende Wasser des Sees. Beim näheren Hinsehen identifizierten wir sie als die Freundin des vor einigen Tagen im See Ertrunkenen. Ein vielleicht tragischer Unfall, der ihren Lebensgefährten ereilte? Vielleicht? Vielleicht auch nicht? 

Wir unterhielten uns nach einigen Hundert Meter Strecke erneut über dieses Ereignis. Dann hatten wir wieder die Garchinger Straße. Unsere Route führte uns zirka 150 Meter auf einem Fuß - und Fahrradweg entlang bis wir den dort eingerichteten Parkplatz erreicht hatten.

Auf dem gegenüber liegenden, längst abgeernteten Feld, erkannten wir vier Männer mit einem länglichen Gegenstand in der Hand, die auf dem Feld geruhsam entlang schritten. Lust - und nahezu antriebslos stocherten diese in einem Meer von PET - Flaschen, Papierknäueln und Plasteverpackungen herum. Was so aussah, als wären die Arbeiter auf Schatzsuche, nennt der Fachmann und auch der Laie - Mülltrennung. In einem schwarzen Plastesack, den sie emotionslos und beinahe stoisch hinter sich her zogen, legten die Müllwerker nur bestimmte Gegenstände hinein, die sie mittels einer Art verlängerter Greifzange aufgehoben hatten.

Beim Vorbeilaufen an dem Einsatzkommando wider des menschlichen Drangs den eigenen, anerzogenen Egoismus zu Lasten der Allgemeinheit auszuleben und dabei einen Saustall zu hinterlassen, überlegte ich mir, was einen Besucher dazu bewegt, das Gesetz über die Erdgravitation ausgerechnet an den mit genommenen Gegenständen anwenden zu müssen? Was sind das nur für Menschen, die Tonnen von Unrat auf einem Feld verteilen und sich dabei während des Aufenthalts dort auch noch wohl fühlen können?

Sind es nicht erzogene, verwöhnte Gören und Mamasöhnchen, die mit über 20 bis 30 das All inclusive - Leben im elterlichen Umwelt in vollen Zügen genießen und dabei nicht über den eigenen Tellerrand sehen? Haben die so lebensuntüchtig belassenen Kinder dabei ein Anspruchsdenken entwickelt, dass darauf hinaus läuft, sich aus jedweder Verantwortung gegenüber dem anderen Menschen vollends entziehen zu können?

Wir liefen noch einige Meter weiter und gelangten zu drei, am Feldrand stehenden LKW der Firma Heinz aus Moosburg. Die Fahrer stand vor den Müllautos und hielten Small Talk, wohl wissend, dass vor ihnen noch eine Herkulesaufgabe liegt, nämlich der Abtransport jener vielen Tonnen menschlichen Unrats, den ihnen Schweine auf zwei Beinen zur freien Verfügung gestellt haben.

Wir bogen in den ersten Feldweg in Richtung des angrenzenden Waldstücks ein. Auf den ausgetragenen Hackschnitzeln ließ es sehr gut laufen. Immerhin ein positiver Aspekt an diesem Morgen. Doch gleich hinter dem letzten Holzhaus, in dem nicht nur Bier verkauft worden war, folgte die komplette Ernüchterung. Links von uns zeigte sich ein Meer an PET - Flaschen aller Größen und Art. Teilweise waren sie voll und halb voll auf dem Acker entsorgt worden. Essenreste jedweder Art und die dazu gehörigen Verpackungen wechselten sich mit Kartonagen in diversen Variationen ab. Ich erkannte Tampons, Baby - Windeln, Taschentücher, Feuchttücher, halbe Toilettenpapierrollen. Grillbestecke und Aluverpackungen waren ebenso zu erkennen, wie Plastebecher, Plastemesser, Plastegabeln, Saucenpackungen usw. usf.

Nach knapp 300 Metern war das Schlachtfeld vorbei. Wir gelangten über die Straße in den Bereich des ersten Waldhains. Auch dort lagen Fäkalien mit Papiertaschentücher abgedeckt, weitere Speisereste, Brotstückchen; allerdings kein Plastikmüll.

Da war das Umwelt  - Grauen zu Ende. Der Echinger Tornado mit dem Namen " Brass Wiesn 2022 " hatte seine Tätigkeit eingestellt. Hier lagen nur noch Schafsköttel an und auf dem Feldweg. Es roch ein wenig streng nach den Tieren. Angesichts des zuvor gesehenen menschlichen Drecks auf dem Acker, der zuvor als Zeltplatz diente, ein nahezu aromatischer Duft.

Gegen die Veranstaltung, die bereits für das kommende Jahr geplant wurde, hat sich eine Gruppe von Echinger zusammen gefunden. Diese sammeln mittlerweile Unterschriften, um eine Petition bei der Gemeindeverwaltung einzubringen.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/freising/eching-brass-wiesn-festival-naturschutz-laerm-1.5634842


Und, was bringt eine " Platzordnung ", wenn deren Einhaltung nicht überprüft wird?

https://brasswiesn.de/platzordnung/       



Nichts! Hier geht es nur um den schnöden Mammon, den Kommerz mit all seinen sattsam bekannten Auswüchsen, der nur einigen wenigen finanzielle Vorteile erbringt.

Einen zweiten Tornado über Eching darf es 2023 nicht geben!


BLODWYN PIG  -  So Much Trouble  -  All Said And Done  -  2004:

  




  




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