Wo liegt eigentlich Klein - Breese?


Zufällig guckte ich mir gestern Abend die Ausgabe des NDR - Regionalmagazins " Hallo Niedersachsen " an. Und hierin wurde von einem Heimatforscher aus der Region rund um die Stadt Celle berichtet. Nun, mit Celle verbindet mich heutzutage nichts mehr. Vormals allerdings, dass ich die Stadt durch das dortige Oberlandesgericht und andere Justizeinrichtungen kennen gelernt hatte. Und davor kannte ich die Stadt im Zusammenhang mit meiner Zeit beim Barras. 

Die Kreisstadt liegt am südlichen Rand der Lüneburger Heide, innerhalb derer sich auch Teile des Wendlandes befinden. Diese Region liegt  in unmittelbarer Nähe zu der einstigen innerdeutschen Grenze und gilt bis heute als strukturschwach. In dem einst nur schwach besiedelten Landkreisen, zu denen auch Lüchow - Dannenberg, der in etwa deckungsgleich mit der Region Wendland ist, sind und waren die Lebensverhältnisse bis weit in die 1990er Jahre durch den einstigen Grenzverlauf als prekär zu bezeichnen.

https://wendland-net.de/post/analyse-wie-lebt-es-sich-im-landkreis-luechow-dannenberg  

Vor mehr als einem halben Jahrhundert lebte in dem Ort Klein Breese ein jetzt um die 70 Jahre alter Mann mit dem Namen Hans - Joachim M.  Er hatte sich in ein am Ortsrand liegendes, baufälliges Fachwerkhaus zurück gezogen. Die Wohnverhältnisse des M. waren - nach heutiger Sichtweise - als katastrophal zu bezeichnen. M., der einen Anlernberuf vorweisen konnte, ging als Hilfskraft in unregelmäßigen Abständen mit einer Baukolonne auf Arbeitssuche und verdiente sich so seinen Lebensunterhalt. Sein Einkommen reichte indes gerade so aus, um einen grauen R 4 unterhalten zu können.

Mit diesen Fahrzeug wurde M. eines Tages in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ein anderes Fahrzeug beschädigte M.s PKW. Dessen Fahrer übersah M.s Renault, obwohl er diesem die Vorfahrt hätte gewähren müssen. Der schon betagte Fahrer des anderen beteiligten PKW bestritt dieses. Es kam zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung, innerhalb diese, M. dann handgreiflich wurde. M. stieg danach in seinen französischen PKW und fuhr davon. das war falsch, denn der andere Fahrer erstattete Anzeige gegen M.

Die Polizei ermittelte gegen M. wegen des Verdachts der " Fahrerflucht ", Beleidigung und Körperverletzung. 

Die Kriminalpolizei in Uelzen wurde deshalb eingeschaltete. Diese war einst zuständig. M. wurde deshalb zunächst auf deren Dienststelle zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen. Er ignorierte das Schreiben. Die Kripo aus Uelzen machte sich in Gestalt eines Oberkommissars und Kriminalkommissars auf den Weg nach Klein Breese.

In dem Wohnhaus des M. konnten die Beamten jedoch niemanden antreffen. Die beiden Kriminalpolizisten fertigten deshalb einige Fotos von dem verfallenen Haus in Klein Breese in der Marsch an, darunter auch Lichtbilder, die sie durch die Staub blinden Fensterscheiben des Hauses von der Schlafgelegenheit des M. anfertigten.

Erkenntnisse zu den M. zur Last gelegten Taten gewannen die beiden eilfertigen Kriminalisten natürlich nicht. Sie wollten nur belegen, dass M. ein deviantes, von der westdeutschen Spießergesellschaft nicht erwünschtes Leben führte.    

Nach Abschluss der Ermittlungen gegen M. landete die Akte auf den Schreibtisch eines Staatsanwalts in Lüneburg, der gegen M. Anklage erhob. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung irgendwann Mitte der 1970er Jahre. Zu einer Zeit also, in der Alt - Faschisten und braun gefärbte Richter das Recht beugten und nach ihrem eigenen Gusto Urteile fällten, in denen ihre faschistoid geprägte Weltanschauung zum Tragen kam.

Und just an einen solchen Braunbären geriet M. beim Amtsgericht in Uelzen. Nachdem der Alt - Faschist M.s Ausführungen zu dem Unfallgeschehen gehört hatte, unterbrach er die Sitzung und verkündete danach einen Beschluss, in dem er einen Gutachter mit der Untersuchung von M. benannte. Dieser, ein alt bekannter " Sachverständiger " und ebenfalls Alt - Faschist, sollte nunmehr M.s Schuldfähigkeit einordnen. Wenn ein Alt - Faschist einen befreundeten Alt - Faschisten mit einem später von dem Verurteilten zu zahlenden Gutachten beauftragt, kommt eben auch ein der Weltanschauung dieser beiden Alt - Braunen genehmes Ergebnis heraus.

Nun, der " Sachverständige " und Alt - Faschist lud M. in seine Praxis und befragte ihn sodann zu seinem Leben, seinen Lebensvorstellungen und später auch zu dem Verkehrsunfall. M. konsumierte zu jener Zeit regelmäßig " Shit ", was er dem " Mediziner " nun gerade nicht auf seine Nase band. Allerdings hatten die zuvor eilfertig tätigen Kriminalisten aus Uelzen einen derartigen Verdacht bei der Begehung des Hausgrundstücks in Klein Breese gemutmaßt.

Der " Gutachter " aus Uelzen schloss seine Befragung des M. dann sinngemäß mit den Worten: " Wir werden Ihnen schon weiter helfen ". Das war ganz im Sinne des faschistischen Richters am Amtsgericht in Uelzen, der ihm nach dem Verlesen seines Beschlusses prophezeite, dass ihm schon der richtige Mann vorgesetzt werde.

Tja, M. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt und musste danach seinen Führerschein abgeben. Er hatte die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels versäumt. M. war ohne Verteidiger in dem Strafverfahren gegen ihn erschienen. Ein großer Fehler. Selbst ein mäßig rechtskundiger Feld - Wald - und Wiesen - Advokat hätte den geistigen Dünnpfiff, den die beiden Uelzener Alt - Faschisten in M.s Fall abgesondert hatten, als solchen erkannt und den auf Billigpapier eingetippten Schwachsinn genüsslich auseinander genommen. So aber, musste M. sich dem Schicksal der hier braun eingefärbten Dritten Gewalt hin geben.

M. ließ sich, nachdem er seinen " Lappen " bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg ab und ließ sich danach von einer Freundin mit seinem R 4 zu seinen Arbeitsstellen fahren. Nach 9 ( neun ) Monaten war die Sperrfrist abgelaufen. M. stellte davor einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle des Landkreises Lüchow - Dannenberg. 

Dieser Antrag wurde alsdann von der dortigen Verwaltungsstelle bearbeitet, die zu dem Ergebnis kam, dass M. aufgrund des in dem Strafverfahren eingeführten Gutachtens Zweifel an seiner Eignung, ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen zu können, bestünden. M. möge doch bitte schön ein positives Gutachten einer Medizinisch - Psychologischen Untersuchungsstelle ( einst nur der TÜV ) vorlegen, damit diese Zweifel ausgeräumt werden könnten.

M. suchte diese Stelle n Lüchow auf und ließ sich dort, nachdem er die Gebühren und Kosten im Voraus berappen musste, von einem dort angestellten, studierten Psychologen befragt. Der Studiosi befragte nun den Hilfsarbeiter nach seiner inneren Einstellung zu Gott, der Welt und vor allem den Missetaten, deretwegen der M. ja rechtskräftig verurteilt worden war. Je länger er M. befragte, desto größer wurden die Zweifel des MPU - Mitarbeiters an dem, was sich in den Gutachten aus der Gerichtsakte, die er vorbereitende, selbstverständlich gelesen hatte, befand. 

Der MPUler attestierte M. schlussendlich, dass er jederzeit die erforderlichen charakterlichen und gesundheitlichen Voraussetzung zum Führen von Kraftahrzeugen im öffentlichen Straßenverehr besäße. Somit könne die Führerscheinstelle M. die entzogenen Fahrerlaubnis auch wieder erteilen. M. hatte den viel besagten " Idiotentest " bestanden und damit stand auch fest, dass keine - wie in dem Gerichtsgutachten zuvor fest gestellt - geistigen Beeinträchtigungen bei M. vorlagen. 

M. erhielt seinen " Lappen " wieder und durfte nun wieder Auto fahren. M. fühlte sich aber von Tante Justitia schlecht behandelt und suchte einen Kollegen in Lüchow auf, der sich seinen Fall mal etwas genauer ansehen sollte. Dieses tat sodann der Rechtskundige und empfahl M. gegen den Gerichtsgutachter zivilrechtlich vorzugehen. Allerdings verlangte der werte Herr Kollege dafür einen erklecklichen Geldbetrag als Vorschuss. M. hatte das Geld aber nicht und ließ die Angelegenheit fallen.

Die Jahre vergingen. M. war aus der tiefsten Provinz des Zonenrandgebietes in die belebte Hansestadt Bremen gezogen, wo er eine Einmannfirma im Bremer Steintorviertel betrieb. Er nannte diese " Hans - Joachim M.... - Wendländische Baukunst -  ".

Eines Tages erschien M. in unserer Kanzlei in der Brunnenstraße und suchte einen Rechtsrat. Es ging wohl um einen nicht bezahlte Rechnung für seine Bauarbeiten an einem typischen Bremer Haus. In diesem Zusammenhang berichtete M. mir von seinem Fall aus Uelzen. Der lag mittlerweile mehr als 1 1/2 Dekaden zurück. Schon allein wegen der dazu längst eingetretenen Verjährung, wäre eigentlich nichts mehr zu machen gewesen. M. sah dieses nicht so richtig ein. Er wollte gegen den einstigen Gerichtsgutachter zivilrechtlich vorgehen. Ich riet ihm in jedem weiteren Gespräch, das wir wegen des aktuellen Falls führten, immer wieder davon ab.

Schließlich ließ ich ihn eine Vertretungsvollmacht unterschreiben. Ich wollte mir zumindest die alte Akte ansehen. Ich schrieb deshalb an die Staatsanwaltschaft Lüneburg, bei der diese irgendwo im Archiv schlummerte. Nach einiger Zeit erhielt ich die schon arg mit genommene Strafakte des M. Ich klappte den roten " Leitz " - Deckel aus Pappe auf und blätterte die gesammelten Schriftstücke chronologisch durch. Danach bestätigte sich mein bereits zuvor gehegter Verdacht: Die braun eingefärbte Justitia hatte mal wieder Rechts gesprochen.

Nachdem ich mit dem Mandanten M. die Rechtslage ausgiebig besprochen hatte, empfahl ich ihm, die Sache als schlechte Erfahrung mit der Dritten Gewalt abzuhaken und zur Tagesordnung überzugehen. Unabhängig davon, dass mögliche Schadenersatzansprüche gegen den " Gutachter " aus Uelzen längst verjährt waren, dieses auch gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Amtshaftung der Fall war, bestand nur noch die Möglichkeit, das abgeschlossene Strafverfahren gegen M. wieder aufzurollen und ein so genanntes Wiederaufnahmeverfahren anzustrengen. Doch hierzu hätte es zumindest eines vorzulegenden, weiteren ärztlichen Gutachtens bedurft, das indes nicht gerade wenig Geld gekostet hätte. Geld, viel Geld, das M. natürlich nicht aufbringen konnte.

So schloss ich dann den Fall M. für immer und legte die Akte beiseite. 

Viele Jahre danach fuhr ich mal wieder durch die Lüneburger Heide, genauer gesagt durch Lüchow, auf der B 493, die auch Klein Breese mit anderen Orten verbindet. Während der Fahrt durch die Einöde des einstigen Zonenrandgebiets, erinnerte ich mich an den Fall M. So eintönig, wie die Landschaft sich auf der Fahrt dorthin zeigte, so eintönig musste auch das Leben hier gewesen sein und zudem - wenn man einst mit dem Gesetz in Konflikt geriet, wohl auch gefährlich.    

   


VIRGIN´S DREAM  -  Der Blaue Kapuzinermönch  -  X - Tapes  -  1971:








https://de.wikipedia.org/wiki/Klein_Breese


https://de.wikipedia.org/wiki/Woltersdorf_(Wendland)


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