Türkei, Libanon oder Syrien?



Vorgestern war ja Donnerstag. Donnerstag, der 04. August 2022. Ein heißer Donnerstag dazu. Deshalb trieb es uns ab 9.30 Uhr an den Hollener See. Bei angesagten 33 C ist es nur am Wasser auszuhalten. Aber auch am Uferbereich war das Wasser bereits handwarm. Eigentlich schon keine Erfrischung mehr. Doch das hielt kaum einen aus der eigenen Wohnung Fliehenden davon ab, diesen See zu besuchen.

So füllte sich der Uferbereich ab Mittag langsam und gegen Nachmittag war es denn so richtig voll. Selbst an der gegenüber liegenden Uferseite lagen Handtücher, Luftmatratzen und andere Badeutensilien. Just in diesem späten Zeitraum besuchte eine Gruppe Frauen den See. Eigentlich wäre dieses nicht weiter erwähnenswert, denn manche Besucher treten gleich in einem Pulk auf. So auch jene acht Besucherinnen. Das Besondere daran war allerdings, dass die Gruppe aus Burka tragenden Frauen bestand.

Burka, Tschador, Nik(q)ab? Kopftuch! Bei 33° C im Schatten?

Nun, es gab dazu eine hitzige Diskussion unter den FKKlern am Uferrand. Warum gehen die Vollverschleierten ausgerechnet an jenem Abschnitt des Sees zum Uferrand, an denen sich Menschen im Adamskostüm bewegen? Irrtum? Absicht? Provokation?

Wie auch immer, die acht glaubensgetreuen Damen bewegten sich schwerfällig in Richtung eines schräg gegenüber liegenden Uferteils, um sich hier etwas zu erfrischen. Den Behang legten sie dazu nur zum Teil ab, denn unter diesem befand sich ein schwarzer Badeanzug mit dem die Damen alsdann zu Wasser gingen.

Während sich unsere Nachbarin aus der Landeshauptstadt über den Aufzug der moslemischen Frauen echauffierte, erinnerte ich mich an einen von vielen Fällen aus meiner Zeit als zugelassener Rechtsanwalt in Bremen. 

Russland  bzw. die Sowjetunion hatte 1989 seine letzten Militäreinheiten aus Afghanistan zurück gezogen. Das Land am Hindukusch wurde nach 1978 in eine weitere Phase der vollkommenen Instabilität geführt. Durch das Chaos flohen Zehntausende in die westlichen Ländern, vor allem die in Europa. So auch jene Familien, die ich irgendwann ab 1990 in einem Aufenthaltsrechtsverfahren vertrat.

Eines Tages erschienen zwei voll Verschleierte in meinem Büro in Bremen - Hastedt und gaben vor, hier Asyl beantragten zu wollen. Sie seine Afghanis und seine  wegen des dortigen Bürgerkriegs aus dem Land geflohen. Dazu legten sie jeweils afghanische Pässe vor. Tja, auf den eingefügten Passbildern waren zwar Frauengesichter zu erkennen, jedoch rundherum war der Kopf mit einem schwarzen Schleier bedeckt. So, wie es die Landesbehörden es vorschrieben. 

Für einen Laien war dem nicht vollkommen klar, ob es sich tatsächlich um die Person handelt, die dort auf dem Stuhl saß, den ich im Warteraum hingestellt hatte. Auch die Verständigung wäre schwierig bis unmöglich gewesen, hätte sich nicht ein damaliger Rechtspraktikant, der aus Afghanistan stammte und den ich aus meiner Zeit im Mensa - Wohnheim kannte, als Dolmetscher angeboten. Dass diese den Landsleuten zuvor mehrere Tausend US - Dollar / DM aus dem Kreuz geleiert hatte und dabei vorgaukelte, er könnte den beiden afghanischen Frauen zu einem Aufenthalt in Deutschland verhelfen, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar.

Ich beantragte für die beiden Vollverschleierten also politisches Asyl in Deutschland und stellte den Antrag bei der Außenstelle des Bundesamtes in Niedersachsen, die die beiden Afghanis dann an die vormaligen Ausländerbehörde in Rotenburg / Wümme zuwies.  Einer Stadt in der Nähe von Bremen. Nachdem ich den Damen dafür jeweils 500 DM Vorschuss abgeknöpft hatte, gingen die Anträge per Post zu der Behörde, die mir sodann eine Eingangsbestätigung erteilte.

Ein findiger Mitarbeiter der Rotenburger Behörde prüfte dabei die Personenstandsdaten der beiden Damen und hegte sodann Zweifel an den hierzu erteilten Angaben. Er überprüfte die angegebenen Daten und erkannte dabei, dass die beiden Damen nicht jene sein können, die sich bei ihm vorgestellt hatten. Und so stellte er flugs Strafanzeigen gegen diese und mich gleich mit. Er behauptete, ich hätte wissentlich einen Asylantrag für die beiden Afghaninnen gestellt, obwohl es sich nicht um die in den vorgelegen Pässen benannten Damen handeln kann. 

Nun, dieser Schummeltrick war den befassten Behörden längst bekannt. Doch es gab zu jener Zeit keine rechtliche Grundlage, um die Mogelei zu unterbinden. So erreichte mich nach einigen Monaten eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Verden, dass gegen mich strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der mittelbaren Falschbeurkundung eingeleitet worden seien. Auch wenn ich noch einige Jahre davor Strafrecht zu meinem Hauptschwerpunkt innerhalb des Jurastudiums auserkoren hatte, so waren meine dogmatischen Kenntnisse im Bereich dieses Rechtsgebietes eher rudimentär. 

So wühlte ich mich zunächst durch einige Strafrechtskommentare, um in etwa einen Schimmer über jenes Gesetz zu erhalten, dessen Schutzfunktion ich durch die gestellten Asylanträge ich verletzt haben sollte. Zunächst aber teilte ich der werten, glücklicher Weise längst verbeamteten Frau Kollegin bei der Staatsanwaltschaft Verden mit, dass ich von meinem mir als Beschuldigter zustehenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und alsdann einen Kollegen mit der Verteidigung beauftragen werde.

Nun, einst hatte uns der Professor für Strafrecht an der Universität Bremen, dessen Seminar ich ständig besuchte, dringend empfohlen, gegenüber den Ermittlungsbehörden in einem eingeleiteten Strafverfahren zunächst keine Angaben zur Sache abzugeben. Weil ich von jener Materie eben keine nur ganz bedingt Ahnung hatte, war diese Empfehlung in jedem Fall goldrichtig.

Einige Wochen später flatterte erneut eine postalische Mitteilung der Staatsanwaltschaft Verden in mein Büro. Die werte Frau Kollegin teilte mir hierin kurz und knapp mit, dass sie die Ermittlungen gegen mich eingestellt habe, da keine strafbare Handlung vorläge, denn ich sei in den beiden Fällen nicht als Amtsträger oder Amtsperson zu sehen, denn nur eine solche könne eine mittelbare Falschbeurkundung begehen.

Aha! Jetzt wusste ich also Bescheid und auch der die Strafanzeige gegen mich stellende Sachbearbeiter der Ausländerbehörde war wohl ein wenig schlauer, denn der hatte noch wniger Ahnung als ich.

Die Gruppe der gläubigen Musliminnen hatte längst einen Platz am See, um von dort in das mehr oder minder abkühlende Nass zu gelangen. Ich beobachtete ihre Bemühungen mit einem leichten Grinsen im Gesicht, denn unsere Nachbarin aus München zeterte immer noch über die verhüllten Damen in Schwarz. Ich überlegte indes weiterhin, ob diese wohl aus der Türkei, dem Libanon oder gar aus Syrien stammten. 

            

      

MY BROTHER THE WIND  -  Live at Dun Jam  2013:







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