Weg, Trabi, weg!


Die untergegangene DDR war sicherlich kein Paradies, kein Land, in dem Milch und Honig für alle Bürger floss, sondern eher ein riesiger Käfig, innerhalb dessen es nach vorgegeben Normen gelebt werden musste. Eigene Meinung waren nicht gefragt, durften öffentlich nur dann publiziert werden, wenn sie der herrschenden Nomenklatura dienten und ansonsten gab es eher kleine Nischen, die sich Privatleben nannten, in denen der Überpapa Staat nicht hinein schnüffeln konnte.

Weil es in dem sozialistischen Bruderstaat nach offizieller Lesart keine Kriminalität zu geben hatte, wurden bestimmte, abweichende Verhaltensweisen, die die gleich geschaltete Justiz abzuarbeiten hatten, erst gar nicht an die große Glocke gehangen. Spektakuläre Kriminalfälle gab es deshalb nicht. Und wer den abgesteckten Pfad des eigenen Lebens im real existierenden Sozialismus dann und wann verließ, dem wurden ordentlich die Leviten gelesen.

Ein Jahr vor der Wende, im Jahr 1988, musste sich ein damaliger Mitarbeiter des VEB Sachsenring in Zwickau vor dem Richter des Bezirksgerichts in Karl - Marx - Stadt wegen " Diebstahls sozialistischen Eigentum " in 25 Fällen verantworten.
Hierzu hieß es im DDR - Strafgesetzbuch: 


(1) Wer Sachen wegnimmt, die sozialistisches Eigentum sind, um sie sich oder anderen rechtswidrig zuzueignen, oder wer solche ihm übergebene oder auf andere Weise in seinen Besitz gelangte Sachen sich oder anderen rechtswidrig zueignet, wird wegen Diebstahls zum Nachteil sozialistischen Eigentums zur Verantwortung gezogen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Und deshalb war dem Werktätigen im VEB Sachsenring der Prozess gemacht worden: 
25 Trabis in acht Jahren? Wie funktionierte dieses? Nun, der Werktätige fuhr mit einem zuvor ausgewählten Trabant vor das Werkstor, zeigte dort einem anderen Werktätigen seinen Werksausweis und stellte die Wagen dann auf einen Parkplatz ab. 
Genauer beschrieben, funktionierte das Husarenstück so: 
In der Pause der Spätschicht, zwischen 21.30 und 21.45 Uhr, wählt er einen Trabi aus und klemmt ein privates Kennzeichen an das Fahrzeug. Obwohl der Werksschutz am Eingang kontrolliert, fällt Bachmann dabei nie auf. Bachmann stellt den Trabi dann in einer Seitenstraße ab. Nach Schichtende fährt er zunächst mit seinem privaten Auto nach Hause, dann holt er den gestohlenen Trabi.
So einfach wie der Diebstahl, so einfach gestaltet sich auch der Verkauf. Bachmann sucht sich seine Abnehmer unter Besitzern älterer Trabis. Er trennt die Fahrgestellnummer des gestohlenen Trabis heraus und ersetzt sie durch jene des bereits seit Jahren zugelassenen Fahrzeuges. Die Abnehmer fahren nun einen neuen Trabi, mit den alten Papieren. "
Zitatende - aus: a.a.O.
Der Werktätige konnte durch den " Zusatzverdienst " selbst in der DDR glänzend leben, wie er später einräumte. Er kaufte Lebensmittel aus dem " Delikat ", Textilien usw. aus dem " Exquisit " und konnte sich sündhaft teure Auslandsreisen leisten.

Doch auch in der DDR - Mangelwirtschaft gab es durchaus Neider, Menschen, die dem Nachbarn nichts gönnten und argwöhnisch auf dessen Vorteile schauten. Immerhin hatte der Dieb über acht Jahre ein exklusiv geführten leben im Einheitsgrau der DDR aufzuweisen, ehe er eingeknastet wurde. Und zwar für 9 ( ! ) Jahre. Doch dann kam 1989 die Wende, später eine Generalamnestie und so wird der Trabi - Dieb wohl kaum die gesamte Strafe abgesessen haben.
Gelegenheit macht Diebe ?

" Hammerfest " aus Vlotho - " Funkenflug " - 2010:










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