Von Hermann Müller über Willy Brandt zu Martin Schulz - Der Aufstieg und tiefe Fall der SPD



Heute Morgen verkündeten die Frühnachrichten bei MDR aktuell, dass nach der aktuellen Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts ( Infratest dimap ), die SPD nur noch 17 % der Befragten wählen würden, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahlen wären. Damit liegt die Partei bereits 2 Prozentpunkte hinter der AfD. Die CDU würde mit nur 28 % ihren historischen Tiefstand erreichen.

Wäre, hätte, Fahrradkette?

Doch was die fiktiven Zahlen damit aussagen könnten, ist die Tatsache, dass die Sozialdemokraten zu einer nahezu unbedeutenden Partei geschrumpft sind, träfen diese zu.

Was ist nur aus dieser, manchmal auch stolzen Partei, nur geworden?

Ein elendes Häuflein, ein marginaler Politikverein, deren Vorsitzende sich wohl " kleinste Vorsitzende eines Zwergpygmäenstammes " nennen darf ( O - Ton FJS über Neumann, den einstigen Bremer CDU - Landesvorsitzenden ).

Dabei hat die SPD so viel Tradition.
Bereits in der Weimarer Republik, als die Regierungen und deren Kanzler, wie Unterhemden gewechselt wurden, war die SPD mit dabei.

Grund genug, dass der vorletzte Vorsitzende der Partei, Martin Schulz, in einem Gastbeitrag in dem Hamburger Nachrichtenmagazin " DER SPIEGEL " über den einstigen SPD - Vorsitzenden Hermann Müller und seine eher unglückliche Zeit des Regierens sinnierte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Müller_(Reichskanzler)

Unter dem Titel " Unbedingte Loyalität " ( " DER SPIEGEL ", 35 / 2018, S. 28 ff ) schreibt ein gescheiterter Sozialdemokrat über eine ebenso gescheiterten Sozialdemokraten. Vergleichbar sind die beiden Biografien aber keineswegs. Müller wurde einst Opfer vieler negativer Einflüsse, die sich historisch betrachtet, auf seine Kanzlerschaft auswirkten. Die damals zu junge Demokratie wurde von ihren Feinden zerpflückt, weshalb auch Müller dieser Republikfeinde wurde. Doch, einen wichtigen Aspekt hat Martin Schulz in seinen Ausführungen über Hermann Müller außer Acht gelassen.
Die Weimarer Republik scheiterte nicht an den unruhigen Zeiten innerhalb des Parlaments, sondern an dem zu großen Einfluss des Großkapitals, dass Hitler letztendlich einen Freifahrtschein gab weil es mit dem Braunen aus Braunau am Inn glänzende Kriegsgeschäfte machen durfte.

Auch ein anderer, wie später eingesetzter Reichskanzler von Hindenburg´s Gnaden wäre statt Hermann Müller kläglich gescheitert, wenn die kapitalistischen Strukturen dieses gewollt hätten. So musste ausgerechnet der Sozialdemokrat den Kopf hinhalten, der ihm dann 1930 abgeschlagen wurde.

Erst 39 Jahre danach war die Zeit wieder für einen SPD - Kanzler gekommen. Mit Willy Brandt vollzog sich eine Reformpolitik, die zunächst darauf ausgerichtet  war, " mehr Demokratie " zu " wagen ". Mehr Volksherrschaft in einem demokratischen Land einzurichten, bedeutete allerdings nicht, dass das Volk, der Souverän also, unmittelbar Einfluss auf die politischen Geschicke nehmen durfte. Plebiszitäre Elemente enthält die 1949er Verfassung eben nicht. Wohlweislich aber eine hohe Hürde, diese selbst zu ändern.

" Mehr Demokratie wagen " in einer aufgewühlten Zeit der nach 68er? Ein Wahlslogan? Ja, aber auch ein Hinweis auf längst überfällige Veränderungen. Die gelangen mit Kanzler Brandt so lange, bis dieser abdankte. Auf den fahrenden Zug sprang der Pragmatiker Helmut Schmidt auf und lenkte diesen in weniger hügeliges Gelände, ehe er 1982 abgewählt wurde.

Was danach kam, ist bekannt. Ein Abstieg der Sozialdemokratie in Etappen. Ein Schrumpfungsprozess, bis hin in die Bedeutungslosigkeit.

Jetzt, 49 Jahre nach Willy Brandt´s Kanzlerschaft, 36 Jahre nach Schmidt´s Abgang und nur 1 Jahr nach Schulz´s Abstrafung, meldete sich der SPD - Abgeordnete Martin Schulz in der letzten Woche im Bundestag zu Wort. Nein, er hielt eine Brandrede für die Demokratie, die er als Sozialdemokrat in Gefahr sieht. Er zog Vergleiche mit der Weimarer Republik, den aufkommenden Nationalismus und den Faschismus. Der Faschismus in seiner Ausprägung des Nationalsozialismus, ist nichts anderes, als das, was die AfD zur Zeit praktiziere. Die Berufspöbler, die amtierenden Lügner und Hetzer verließen daraufhin wutentbrannt den Plenarsaal in Berlin.

Schulz zahlte der Bande mit gleicher Münze heim. Und wäre der Berufszyniker Herbert Wehner noch am Leben und in Berlin als Abgeordneter aktiv, er hätte der pöbelnden Band der AfD hinterher gerufen: " Wer hier geht, muss auch wieder kommen! "

Leider sind derartige Glanzstücke in der SPD längst die Ausnahme geworden. Es sind Sternstunden der Sozialdemokratie, die im Fußball den Vergleich hervorrufen könnten, dass mein SV Werder wieder die Deutsche Meisterschaft gewänne.

Doch: Nichts ist unmöglich. Und so wünsche ich mir, dass mehr Inhalt a la´Martin Schulz´ens Brandrede in die alte Tante SPD gelangen würde. Nur so kann der Niedergang überhaupt noch aufgehalten werden.

Hermann Müller wurde verheizt. Willy Brandt verschaukelt. Martin Schulz verarscht.
Wer folgt und lebt wieder sozialdemokratische Politik?



 Neil Young - " Old Man " - " Harvest " - 1972:












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