Braun gebrannt




Heute Vormittag durfte ich dem " Hornbach " - Baumarkt an der Washingtonstraße erneut einen Besuch abstatten. Es fehlte uns eine Glättekelle und Haftputz für die Kellerverschönerung. Da der Baumarkt diesen just im Angebot hat, fuhr ich also todesmutig los und wurde kurz vor der Elbbrücke jäh gestoppt. Die stark frequentierte Straße wird saniert. Das bedeutete auch an diesem Mittwochvormittag - Verkehrsstau einplanen.

So zuckelte ich im Schritttempo über die, nur sehr wenig Wasser führende, Elbe auf der Washingtonstraße in Richtung A 4. Nach den ersten drei Ferienwochen hat die Verkehrsdichte längst wieder zu genommen.Und damit auch die Anzahl der Rambos auf den Straßen.

Ein solcher aus FTL oder auf der Rückfahrt mit einem BZ - Kennzeichen schnitten mich derart rüpelhaft, dass ich beiden mit dem bekannten " A " bezeichnete. Doch es ist immer noch Sommer, es ist heiß und die hohen Temperaturen können viele Mitbürger einfach nicht vertragen. Sie werden aggressiv.

Immerhin bekam ich mein Material und deshalb hakte ich die Begegnung mit den beiden auswärtigen Rüpeln einfach als dem Wetter geschuldet ab.

Im Baumarkt erkannte ich sofort, wer zu den Urlaubern gehörte und wer nicht. Einige de Kunden präsentierten ihre knackig braune Haut, indem sie kurze Hosen, T - Shirt und Sandalen, aber mit Ringelsöckchen trugen. Ob sie nun " nur " an der Ostsee verweilten oder sich in einen Flieger stopfen ließen, um die schönste Zeit des Jahres in Spanien, Griechenland oder der Türkei zu verbringen, stand auf der braunen Haut nicht zu lesen.

Die Bräune im Sommer, sofern er denn als solcher bezeichnet werden kann, ist ja für den Teutonen eine Art Statussymbol. Weil es nun einmal nicht immer solche knackigen Sommer wie in diesen Jahr gibt, besser: gegeben hat, mussten sich jene Urlauber, die sich in wärmere Gefilde begeben hatten, den Daheimgebliebenen eben zeigen, dass man im Urlaub war.

Als ich in den 1980ern an der Universität im Mieterrat aktiv war, stritten sich die eher wenigen Bewohner der Studentenwohnheime mit der Leitung des Sozialwerks an der Universität in schöner Regelmäßigkeit wegen Mieterhöhungen und anderen Unzulänglichkeiten in den Betonbunkern. Oft funktionierten die Fahrstühle nicht, es gab Graffiti - Schmiereien an den Wänden der Gebäude oder es fehlten zum Beispiel Fahrradständer vor den Bauten. Mit diesen, oder ähnlichen Problemchen befasste sich der Mieterrat.

Und dieser diskutierte ab und an mit dem Geschäftsführer des Sozialwerks Christian R. Der war dann der Blitzableiter für den Frust, der sich bei vielen Bewohnern aufgestaut hatte.

Eines Tages erhielt ich ein Flugblatt des Mieterrats " Luisental ", der zuvor ein solches Gespräch mit dem Geschäftsführer des Sozialwerks hinter sich gebracht hatte. In dem Schreiben wurde dieser auf eine eher unflätige Art und Weise angegangen. Mit gefiel das nicht und ich sprach daraufhin den mir bekannten Studenten des dortigen Mieterrats an. In dem Pamphlet ging dieser R. persönlich an. Diesem wurde " Unfähigkeit " vorgeworfen. Außerdem sei er braun gebrannt aus dem Urlaub gekommen. Ich kritisierte diesen persönlichen Angriff auf den Geschäftsführer. Dieser ging, so mein Einwand, an der Sache völlig vorbei.

Ob der Gesprächspartner der Vermieterseite nun braun gebrannt oder aufgrund seiner mutmaßlichen Zugehörigkeit zu der damals regierenden Partei, sei doch völlig unerheblich, konterte ich den Luisentaler - Studenten aus.

Ein braun gebranntes Gesicht sei keine Kriterium für die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen. Weil aber Urlaub in den 1980ern noch nicht für die Mehrzahl der Westdeutschen erschwinglich war, war mir kalr, worauf der Kommilitone hinaus wollte. Der Mieterat hatte, so wie ich auch, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung sämtlicher Stundenentenwohnheime der Hansestadt Bremen erhalten und dort waren die Kosten des Geschäftsführers R. fein säuberlich aufgeführt. Sie betrugen damals 80.000 DM.
Das war natürlich ein willkommenes Fressen für alle Salon - Sozialisten von damals. Sie hackten auf dem - für sie - exorbitant hohen " Gehalt " des R. herum. Dabei verkannten sie, dass die ausgewiesen Kosten nicht mit dem Brutzooentgelt des Geschäftsführers R. gleichzusetzen waren. Denn von dem Betrag waren die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung abzuziehen.       

Dennoch war es nicht gerade wenig, was der Geschäftsführer des Sozialwerks Bremen R. damals verdiente.

Deshalb konnte er sich auch regelmäigen Urlaub leisten. So, wie er ihn auch 1997 nahm, als ein Feuer die Universitätsmensa zerstörte und ein " warmer " Abbruch eine Zeit lang im Raum stand.

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/leben-essen-auf-die-feine-art-a-77406.html

Nun, ja, das war 1997. R. ist längst Rentner. Da kann er jeden Tag Urlaub machen und bei diesem schönen Sommer 2018 auch auf Balkonien oder in einem flauschigen Plätzchen seines Gartens die knackigen Temperaturen genießen. So, wie es jene braun gebrannten Baumarktsbesucher am heutigen Mittwochvormittags wohl offensichtlich auf zelebriert hatten.

Und, aml ganz ehrlich, was sagt ein braun gebranntes Gesicht, ein von der Sonne schön gleichmäßig dunkler gefärbter Körper über einen Menschen aus? Nüscht! Wichtig ist doch wohl eher, dass dessen Gesinnung nicht diese Farbe angenommen hat. Und da war ich mir bei R. einst sehr sicher, dass dieses nie und nimmer der Fall war.

Doch bei den beiden Auto - Rambos möchte ich dafür nicht die Hand ins Feuer legen, so, wie bei vielen in dieser problematischen Zeit auch nicht.


" Wallenstein " - Manhattan Projekt " - " Blitzkrieg " - 1971:






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?