Geht sie oder geht sie nicht?
Der 11. Juli 2018 könnte durchaus ein denwürdiger Tag in der deutschen Justizgeschichte werden. An diesem Tag werden im fernen München, der bayrischen Landeshauptstadt, aus der, von der CSU in die Öffentlichkeit gesendete Rülpser wider der Islamisierung, gerne von hiesigen, völkisch - denkenden Verwirrten aufgenommen werden, um die nach der Wende begonnene politische Irrfahrt quer durch das daraufhin folgende verkorkste, eigene Leben endlich beenden zu können, die Urteile im so genannten NSU - Prozess erwartet.
Da könnte - zumindest erstinstanzlich - das zum krönenden Abschluss geführt werden, was seit sage und schreibe 435 ( 437? ) Verhandlungstagen, mehr oder minder die Medien bewegt hat.
Die berichteten - mehr oder minder - unqualifiziert, aber immer nach dem Grundsatz, dass die feil gebotenen Traktate auch Knete in die Kassen spülen müssen, zum Teil extensiv.
Doch nicht etwa über die Verstrickungen von Politik, Behörden und Berufskriminellen innerhalb und außerhalb des NSU - Umfeldes, sondern über die angebliche Hauptangeklagte Beate Zschäpe.
Für die Mehrzahl der Medienvertreter war es wichtiger, wie die Dame sich im Gerichtssaal zeigte ( mein Blogger - Kollege " Octa " stellte einst in seinem Beitrag dazu die existenzielle Frage, ob " sie " ihr Haar heute offen trägt? " ). Neben solchen Marginalien verfällt in der Tat der ursprüngliche Sinn der Gerichtsberichterstattung, die dann zur Farce wird.
Doch man / frau muss nicht Rechtswissenschaften studiert haben, muss sich nicht in dem schmierigen Genre der staatlich abgesegneten Bespitzelung nebst dem daraus resultierenden, kriminellen Umfeld auskennen, nein, es reicht schon, wenn der Rezipient einen kurzen Blick in dazu gehörende, gesellschaftliche Trugbild wirft, was sich in dem Verfahren und den daran Beteiligten wunderbar aufzeigt.
Da sind die vielen verbeamteten Berufsträger, wie das Gericht, die Staatsanwaltschaften und die Exekutivorgane, wie die Polizei, der Verfassungsschutz, die sich nicht gerne in die - häufig gezinkten - Karten schauen lassen. Zur Verfahrensführung des durchaus berufserfahrenen Vorsitzenden Richters Manfred Götzl wurde das Verb " götzeln " von den freischwebenden Kollegen der Verteigung und der Nebenklage kreiert.
" Götzln ", will heißen: Alles tanzt nach meiner StPO - Pfeife und Abweichungen davon werden nicht geduldet.
Seine Besoldungskollegen von der Bundesanwaltschaft mauerten dann, wenn es um unangenehme Fragen zu Art und Umfang der V - Mann, besser: Spitzeltätigkeit, im rechtsradikal - kriminellen Milieu ging. Da nämlich das eherne Gesetz, wonach sich der Staat gegenüber dem nicht funktionierenden, aufbegehrenden Bürger durch Einschalten seiner Organe schützt, gilt, mochten die in roten Roben auftretenden Anklagevertreter, diesen selbst nicht als Normenbrecher dargestellt wissen. Akten wurden zuvor vernichtet, Akteninhalte geschwärzt, Namen von Spitzeln und Zuträgern nicht genannt.
Die Rechtsprechung und das herrschende Meinungsbild im juristischen Schrifttum ist dann eindeutig; Kann ein Zeuge namentlich nicht benannt werden, ist dessen formelle Ladung zu einem Gerichtstermin nicht möglich ( oder: nahezu unmöglich ). Er bleibt für den Spruchkörper deshalb unerreichbar. Die Unerreichbarkeit eines Zeugen führt deshalb dazu, dass en entsprechender Beweisantrag abzulehnen ist.
Obwohl die Damen und Herren Bundesanwälte, wie ihre geringer bezahlten Kollegen in den unteren Ebenen auch - nach der StPO dazu verpflichtet sind, sämtliche be - und entlastenden Beweismittel bei den Ermittlungen zu berücksichtigen, gilt auf dem grauen Feld der Bespitzelung von Bürgern, Institutionen und auch Parteien, dieses Postulat - es hat im übrigen Verfassungsrang, weil es Ausfluss des " fair trails " ist - gerade nicht.
Traurig, aber so wahr!
Dann wären auch noch die Damen und Herren Kollegen aus dem Haifischbecken der mehr als 160.000 zugelassenen Rechtsanwälte zu nennen. Die medial hoch gejazzte Thüringerin Zschäpe
hat sich dieses Umstandes weidlich bedient und ihre drei Verteidiger zum Teil öffentlich vorgeführt. Der Kollege Stahl brauchte Geld. Das ist legitim. Er beantragte deshalb bereits nach einigen Prozesstagen in München einen Vorschuss. Das ist auch legitim. Doch Stahl wollte gleich 77.000 Euro von der Staatskasse. Das ist - gelinde gesagt - ´ne Lachnummer. In den Kommentierung zu dem dafür einschlägigen Paragraphen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ( RVG ) heißt es, dass ein Vorschuss, dann als angemessen i.S.d. Vorschrift ist, wenn er einen Teil der zu erwartenden Pauschgebühr des bestellten Verteidigers abdeckt. Besondere Regelungen werden zudem in § 51 I S. 5 RVG getroffen.
Der Vorsitzende Richter in München lehnte den Antrag des Pflichtverteidigers Stahl ab und gewährte ihm " lediglich " 5.000 Euro Vorschuss in der Frühphase des Verfahrens. Dann begingen Rechtsanwalt Stahl und seine beiden Mitstreiter mutmaßlich einen entscheidenden, ersten Fehler, der möglicherweise das Vertrauen zwischen ihnen und der Angeklagten Z.erschütterte: Die Verteidiger stellten daraufhin einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Ein völlig unsinniger Antrag, der eigentlich Rückschlüsse auf die Qualität der Verteidigung zulassen müsste. Doch, der wahre Grund für jenes abwegige Verhalten dürfte wohl darin liegen, möglichst viele vermeintliche Anknüpfungspunkt bei der geplanten Revision zu erhalten.
Dieses Bestreben durchläuft das gesamte Verfahren in all den 5 Jahren. Es ist durchaus opportun, wenn die Verteidigung sich solcher Mittel bedient, denn sie ist prozessualen betrachtet alle Male in der schwächeren Position.
Dass es zwischen der Angeklagten Z. und den drei Verteidigern später zu einem Zerwürfnis kam, woraufhin diese den Antrag auf Aufhebung ( Entschlagung ) von ihrem heiklen Mandant stellen mussten, hat dann wahrscheinlich auch etwas mit Geld zu tun. Z. hat keins, ihre drei Strafverteidiger brauchen welches und die Staatskasse zeigt sich - richtigerweise - eher knauserig. Da bleibt nur der Weg, über eine weitere mediale Vermarktung der Mandantin, Kanaster herein zu holen.
Dieses könnte der Mandantin wohl eher nicht gefallen haben und deshalb sagte sie sich von ihren drei Beiständen los.
Es mag hierbei wohl auch um die längst ausgeuferte Selbstherrlichkeit, des ansonsten kleinen Lichtleins Zschäpe gegangen sein, dass weitere Strafverteidiger sich in dem Mammutverfahren versuchten. Z.´s Weltbild war und ist noch ein anderes. Hier geht es eher um Über - und Unterordnung, um Gewaltausübung, um so niedere Beweggründe, wie Hass auf das Andere, den andersartigen Menschen. Dass die Uhr bei Z. nicht system - und gesellschaftskonform tickt, zeit sich bereits an ihrer Sozialisation, nämlich in Gestalt von: Geburt - Platte - Wende - Arbeitslosigkeit - Armut - hoch kriminelles Umfeld - Straftaten!
Die Chronologie des gigantischen Verfahrens gegen den NSU, seinen Mittätern und Unterstützern lässt sich sicherlich, wie hier geschehen, fein säuberlich aufzeichnen. Damit können aber auch die gesellschaftlichen Verwerfungen sehr gut benannt werden.
https://www.tagesspiegel.de/politik/437-verhandlungstage-die-chronik-des-nsu-prozesses/11666290-all.html
Anhand jenes episch langen Protokolls der abgelaufenen Prozessereignisse wird aber auch deutlich, dass menschliche Unzulänglichkeiten, wie die pure Sensationsgier, die Neugierde und vor allem der latent vorhandene, all täglich ausgelebte Rassismus, jene Abwehrreaktionen des Einzelnen gegen das ihm vorgelebte Fremde, eine tragende Rolle in diesem Strafprozess spielen.
Morgen wird die Medienmeute wieder im Sitzungssaal vollständig vertreten sein, verkappte Spanner, die nicht von Berufs wegen im Raum sitzen werden, wohl aber, um sich daran satt zu sehen, wie die Angeklagten, namentlich Frau Beate Zschäpe, das Urteil, also den Schuld - oder - was wohl eher wahrscheinlich ist - den Freispruch stehend entgegennehmend, in sich zusammenbrechen; vielleicht sogar keine Miene verziehen.
Danach könnte die Frage lauten: " Geht sie oder geht sie nicht in die Revision? "
Ob mit oder ohne offen getragenes Haar - Beate Z. hat jetzt bereits ihre lebenslange Strafe erhalten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund
https://de.wikipedia.org/wiki/NSU-Prozess
" Ramses " - " Someone Like You " - " La leyla " - 1976:
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