Gnadenloses Duzen oder auch: " You Can Say You To Me! "



Bis vor einigen Minuten las ich noch auf der Seite eines Blogger - Kollegen eine amüsante Geschichte über ein Bücherregal aus dem Baumarkt. Ich erinnerte mich sofort: Baumarkt? Da war doch gestern Nachmittag etwas?

Die kleineren und größeren Baustellen in und am dem Haus erfordern es dann doch, dass ich ab und zu jene Gebäude aufsuche, die von außen her besehen, eher das Flair einer großen Werkhalle besitzen; von innen indes, eine wahre Fundgrube für jene Protagonisten darstellen, die nicht nur über zwei linke Pfoten verfügen.

Dieses Mal war es der " Hornbach " auf der Dresdner Washingtonstraße, dem einen Besuch abstattete. Die Erklärung hierfür war einfach: In dem " Stamm " - Baumarkt " toom ", hoch über dem Dresdner Tal liegend, "auf der " Gompitzer Höhe ", war ich bei der Artikelsuche nicht vollkommen erfolgreich. Auf meiner DIN A 4 - Liste konnte ich deshalb nicht sämtliche, mit Krakelschrift notierten Gegenstände durchreichen. Deshalb wurde die Fahrt zur Konkurrenz nahezu unausweichlich.

Davon gibt es in dieser, unseren, so schönen Stadt, genug. Und, wie sie trotz der Pleiten der " Praktiker " bis " Max Bahr " - Ketten so alle heißen und mit gekünstelt witzigen Werbesprüchen den potentiellen Kunden malträtieren.

" Obi " = " Mach es zu deinem Projekt. Aber mach´s halt irgendwann auch..! "

" toom " = " Respekt, wer´s selber macht! "

" Hornbach " = " Was gibt immer was zu tun " oder " Schwitz es raus " und auch: " Sag´ es mit Deinem Projekt "!

Aha!

Und unsere Projekte sagen mir: " Es gibt viel zu tun, lassen wir es liegen? "

Wäre da nicht der psychische Druck, dem ich durch die Weltenregierung ausgesetzt bin, ich hätte auch glatt mit den Worten des Pleitiers " Praktiker " gesagt:

20 % auf alles. Außer Katzennahrung! 20 % auf Alles! "

Das diese nervigen Sprüche, neben dem elenden pseudo - wissenschaftlichen Geplärre aus den vielen Produktwerbestationen, die sich innerhalb und außerhalb der Endlos - Gänge befinden, einem den Angstschweiß unter den Achseln heraus treiben können, setzte ich jetzt als bekannt voraus.

In Kenntnis dieser Umstände, fuhr ich mit unserem japanischen Lastenesel in Richtung Washingtonstraße. Gut, ja, gut, ich sach´ma´, ich glaube zu wissen, dat ich auch nach fast 14 Jahre Assimilierungsversuchen, mich im Straßengewirr dieser, unserer, Landeshauptstadt nicht richtig auskenne.

Hinzu kam, es ist Sommer - und auch Ferienzeit und da gehören Baustellen zu den ereignisreichen Begegnungen der weiteren Art auf den Stadtfahrten hinzu. Ergo: Ich pappte das " Navi " an die Windschutzscheibe, programmierte es vorher mit der Anschrift " Washingtonstraße " und fuhr los.

Der Kundenparkplatz des " Obi " war - erwartungsgemäß " leerer als sonst. Die Masse der PKW. Kleintransporter und der Einkaufswagen befand sich deshalb - traditionsgemäß - in den ersten Reihen der riesigen Parkfläche. Auch im Sommer gilt bei nur knappen 14 ° C: " Bequemlichkeit first! "

So stand ich nicht - wie das ZDF es gerne möchte - in der ersten, sondern " nur " in der dritten Reihe. Aber dennoch nahe genug, um einen der orange - farbendem Blechkisten aufsuchen zu können, die einige Wochen später, um die gleiche Zeit, zur Rarität werden können.

Mit dem Leichttransporter in den Händen, einer zuvor umgeschrieben Streichliste nebst dem Kuli in der Jackentasche und dem festen Willen im Kopf, " mein Projekt " ( besser: die Projekte ) zu Ende führen zu wollen, betrat ich die Artikelhöhle.

Die Ferienzeit schien auch hier tiefe Spuren hinterlassen zu haben. In den Regalen der Lacke, Farben und des Malerbedarfs sah es aus, als habe dort ein Wutbürger gehaust. Zudem war der auf der Plastefarbtafel benannte RAL -  Ton nicht vorrätig. Okay, das kann ja mal vorkommen. Also versuchte ich es mit dem zweiten Artikel auf meinem Zettel. Ja, den gab´s hier. Auch das Dichtband für die betagte Außentür hing in der Nähe der Buntlacke und anderem Gedöns.

Bei dem Übergangsstück von " Marley ", das noch im Internet als erhältlich erkennbar war, musste ich zunächst unterrichteter Dinge weiter gehen. Doch, als ich gerade kehrt machen wollte, fiel mir eine Alternative dazu ins Auge, die - schon leicht angestaubt - an dem Regalträger hing. Ein Passstück aus Gummi. Dieses war sogar wesentlich billiger als mein favorisiertes Plaste - Reduzierstück in betongrau.

Freudig hakte ich eine weitere Position auf meiner Liste als erledigt ab.

Dann schob ich meinen Einkaufswagen in Richtung des Malerbedarfs. Dabei überlegte ich kurz, ob ich nicht einen " kompetenten " Mitarbeiter an dem gegenüberliegenden Informationsstand nach dem Farbproblem befragen sollte. Doch: Ein nur beiläufig gehörtes Gespräch zwischen diesem und zwei Kunden, die seitlich vor der Theke standen, ließen mich von dieser Schnapsidee sofort Abstand nehmen.

Während der in der üblichen Berufskleidung hinter dem Stand herum wirbelnde Herr des Wissens einen deutsch - sprachigen, wohl einheimischen Kunden, wortgewandt belehrte und so ganz nebenbei auch beriet, schaute ein dort wartender Afrikaner zunächst gelangweilt die vielen Regale an. Dieses betont gekünstelte Verhalten, schien dem flinken Mitarbeiter nicht entgangen zu sein. Er fragte den Wartenden nach seinem Anliegen. Dann gab er ihm in der Duze - Form eine schnodderige Antwort. Das betont und ständig verwendete Du schien den weiteren Kunden nicht unbedingt zu stören, der in einem nahezu akzentfreien Deutsch dem " Obi " - Berater Rede und Antwort stand.

Der Meister des Wissens gab schließlich auf und rief per Mikrofon eine - vermutlich - zuständige Kollegin aus. Die kam dann im leichten Watschelgang um die Ecke. Dort hatte ich sie zuvor mit einer anderen Kollegin noch im regen Austausch befindlich, gesehen. Unwirsch befragte sie den Informationskollegen nach seinem Anliegen. Ich hörte nur, dass dieser auf den afrikanisch aussehenden Kunden verwies und dessen Begehren er sodann schilderte Die gerufene Dame begann indes sofort zu zetern. Sie sei nicht zuständig, sie wisse davon nichts und im übrigen könne er die Angelegenheit selbst erledigen. Dieses Verhalten empörte den jüngeren Kollegen so sehr, dass er gleich konterte: " Du weißt schon, dass ich hier selbst einen Kunden habe? ", ließ er die unfreundliche Kollegin abblitzen. Dann antwortete er dem etwas verwirrt dreinschauenden, ausländischen Kunden, dass er sich sofort um ihn kümmere.

Die grantige Kollegin, die offensichtliche Aversionen gegen den afrikanischen Bittsteller entwickelt hatte, zog laut vor sich her murmelnd ab. Beim Vorbeifahren hörte ich noch, wie der jüngere Informationsmitarbeiter den dunkelhäutigen Kunden immer noch ständig duzte.

Einen Gang weiter zog ein anderer Mitarbeiter in voller " Obi " - Montur mit einem Kunden an meinem Wagen vorbei. Ich bekam das Gespräch zwischen den Beiden dieses Mal sogar wörtlich mit. Es ging um eine Ausgleichsmasse, die der - ebenfalls ausländische - Kunde kaufen wollte. Er schien aus Osteuropa zu kommen, denn er sprach ein Deutsch mit hörbaren Akzent. Auch der weitere " Obi " - Angestellte duzte den Kunden gnadenlos. " Dann musst du dabei darauf achten, dass du..." usw. usf.

" Eine Unverschämtheit, dieses Geduze ", dachte ich und schob mein Karren in den nächsten Gang, um es erneut bei den Farben zu versuchen. Nicht nur, dass mir erneut die chaotische Unordnung in den dortigen Fächern auffiel, nein, dieser Gang machte insgesamt einen schmutzigen Eindruck. Doch das war mir jetzt schnuppe. Ich bückte mich erneut zu den 2,5 l - Farbdosen und fischte tatsächlich eine gewünschte RAL - Sorte aus dem Wirrwarr hervor. Glück gehabt!

Kaum hatte ich die weitere Beute auf meinen Wagen gelegt, vernahm ich vor mir ein erneutes Kundegespräch.Dieses führte eine Mitarbeiterin mit einem Trio jüngerer Frau. " Dass können Sie so machen... ", drang es zu mir herüber. Das " Sie " wurde jedes Mal in den gesprochen Sätzen der " Obistin " gepflegt. " Na, also, geht doch! ", dachte ich jetzt. " Diese Banausen, duzen eben nur Ausländer. Die anderen Begriffe, die mir zudem durch den Kopf gingen, werde ich hier nicht wieder geben, sonst beschwert sich vielleicht die Marktleitung bei Tante Google, so, wie es vor längerer Zeit, die " Santander Consumer Bank " vorexerziert hat, die sogar die Löschung meines Posting von der reichen Tante aus den USA verlangt hatte.

Anspruchsgrundlage?

Hmh, nach meiner herüber gesendeten juristischen Prüfung der Sach - und Rechtslage: Keine!

Ich fuhr nach einer weiteren Viertelstunde in Richtung Kasse. Wegen der ständigen Sucherei, hatte ich bereits mehr als ein Fußballspiel plus Nachspielzeit andauern kann, in der " Obi " - Halle verbracht. 
Es reichte mir. Dieser unfreundliche Umgang mit den beiden Ausländern, diese dämliche Duzerei und diese unaufgeräumten Regale hatten mir endgültig gereicht.

Beim Einladen meiner gekauften Artikel kam mir der Gedanke, dass der gesamte Eindruck schlussendlich etwas mit der Marktleitung zu tun hat. Der verantwortliche Mitarbeiter wird seine ihm unterstellten Kollegen bestimmt duzen. Das ist nicht immer von Vorteil, denn die erforderliche Distanz bleibt dann nicht mehr gewahrt.Immerhin ist es durchaus ein Unterschied, ob es dabei heißt: " Du Ar. !.." oder " Sie Ar...! "

Selbst der " Ewige Kanzler " Kohl wusste dieses und bot während seiner Amtszeit einem englisch sprechenden Regierungschef mit besten Wissen und Gewissen das " Du " an, indem er im rumpeligen Englisch formulierte: " You can say you to me! "

Das werde ich bei einem nächsten " Obi " - Besuch natürlich nicht anbieten, das einfache " Du ". Wo kommen wir da hin, wenn das Jeder machen würde?

Allerdings werde ich nach der Recherche im Netz zu Gemeinheiten über bundesdeutsche Baumärkte wohl kaum in die Verlegenheit kommen, denn die Mitarbeiter sind hier wie da kaum zu sehen. Warum wohl?

" You can say you to me! " - So is´et!


 
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" Igra Staklenihi Perli " - " Majestesti Kraj " - 1979:



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