Michael Bundt und " The Brain Of Oscar Panizza " oder: " Was spielst Du da für eine Scheiße? "



Als zum Ende der 1970er Jahre die Ära des Rocks in seinen Variationen von Hardrock, Bombast - Rock bis hin zum Glam - Rock so langsam endete, weil die Popularität einiger, hier führender Bands, die sich und vor allem ihr gehaltenes Umfeld damit eine " Goldenen Nase " verdient hatten, am Sinken war, legte ein anderes Musikgenre seine Kinderschuhe ab.
Die Elektronische Musik wurde immer facettenreicher. Dank neuer oder erweiterter Techniken gelang es, mit einem minimalen Aufwand, Tonträger zu produzieren, auf denen eine Unzahl von Klängen, Effekten oder Loops zu hören waren.

Michael Bundt, der zuvor von 1972 bis 1976 den Bass in der Formation " Nine Day Wonder " gezupft hatte, zählte damals zu den experimentierfreudigen Vertretern der Elektronischen Musik. Der Mannheimer brachte 1977 ein Album heraus, auf dem er dieses unter Beweis stellte.

Der Titel der LP lautet " Just Landed Cosmic Kids ". Auf dem Album sind 6 Stücke zu hören, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hierzu eine Rezension von Jochen Rindfrey:


http://www.babyblaue-seiten.de/album_7607.html

Gut, die Elektronische Musik war seit dem - eventuell - Bahn brechenden Album von Wendy ( Walter Carlos ) " Switched On Bach ", das beinahe eine ganze Dekade vorher veröffentlicht wurde und den regelmäßig produzierten LPs des westdeutschen Musikers Klaus Schulze, der schon zu Beginn der 1970er Jahre mit einem enormen Technikaufwand seine Stücke in epischer Länge dem Musikinteressierten kredenzte, oder auch den von diversen Rockbands, wie " Exception ", " Yes " oder " Genesis " eingesetzten technischen Schnickschnack, von einem eher stiefmütterlichen Dasein geprägt.

Den Musikgeschmack der Millionen traf diese Ausrichtung eh nie. Den von eingefleischten Rockfans nur bedingt und in den Medien ( vornehmlich den Radiostationen der ÖRs ) kamen solche Musikstücke fast gar nicht vor.
Dazu bedurfte es einer speziellen Sendungen, innerhalb derer die Anhänger dieser " Nischenmusik " auf ihre Kosten kamen.

Der einstige Musikredakteur und WDR - Moderator Winfrid Trenkler ließ sich von jener Entwicklung in der populären Musik nicht abbringen und spielte dann und wann auch Titel, die just nicht den breiten, den aktuellen und von der Industrie sowie den Medien beeinflussten Musikgeschmack trafen.

In einer seiner vielen Sendungen der 1970er Jahre legte er deshalb die Scheibe des Mannheimers Michael Bund auf und spielte auch den Titel " The Brain Of Oscar Panizza ". Ein - unter den damaligen Bedingungen und jenem hier vorherrschenden Zeitgeist - sehr mutiges Unterfangen, auch dieser Art von Musik eine Chance auf Beachtung zu geben.
Damit erlangte er nicht nur Freude unter seinen Freunden.
Winfrid Trenkler gab deshalb - wohl in einem anderen, sehr ähnlichen Fall - in einem Interview zu, dass er wegen seiner eher unkonventionellen Musikauswahl auch von dem einen oder anderen WDR - Musikredakteur offen " angepflaumt " wurde.

" Was spielst Du da für eine Scheiße? ", soll ihn ein, völlig entrüstet in das Studio hin platzender " Apparatschik " ( Winfrid´s Titulierung für die Parteibuch mäßig fest inthronisierten WDR - Mitarbeiter ) damals dafür angegangen sein. Dem treuen Zuhörer und Fan seiner Sendungen blieb dieses leider im Verborgenen. Es war vielleicht auch besser so, dass er diesen oder andere Vorfälle nicht an die berühmte " Große Glocke " gehängt hat.

Egal, was der damalige WDR - Mitarbeiter auf die Plattenteller legte, ich hörte auch solche Stücke, wie " The Brain Of Oscar Panizza ", wenngleich ich mir die LP nie gekauft hätte. Dafür hatte ich jedoch das eher melodische Liedchen " Whose Eyes Is The Sun " auf einer Musikkassette gebannt, die ich zusammen mit einem Kofferradio mit integrierten Kassettenteil während meiner Reise nach Norwegen mitgeschleppte, um dort " meine " Musik hören zu können.
Schließlich galt auch für jenes bereiste Land im hohen Norden Europas, dass die dortigen Radioprogramme, sofern sie überhaupt empfangen werden konnten, eben keine Musik für Minoritäten abnudelten. Leider ist die " Trenkler " - Kassette aus den späten 1970er Jahren während der Umzüge verschütt gegangen und auch nie wieder aufgetaucht.

Nun, so zirka 40 Jahre später, erinnerte ich mich irgendwann wäre der noch laufenden Hausverschönerungsarbeiten an den Musiker Michael Bundt, dessen Name mir allerdings nicht sogleich einfiel ( Mann / man wird eben auch älter ). Da war irgendetwas mit " Oscar Panizza "? Ein Stück auf einer LP, die ich mir nie zugelegt habe. Hieß es nicht: " The Coming Of Oscar Panizza " - oder so ähnlich?

Die Tante Google wusste selbstverständlich Bescheid.

So heißt das Stück, also: " The Brain Of Oscar Panizza ", das sich auf seiner ersten LP / dem ersten Album " Just Landed Cosmic Kids " befindet.





Wie sich bereits aus der oben angeführten Rezension zu dem Album ergibt, war Oscar Panizza ein früher praktizierender Mediziner, der in eine Nervenheilanstalt eingewiesen wurde.
Aber die elektronische Musik hat sich schon ganz anderen Themen gewidmet. Und dieses, unabhängig davon, ob andere Menschen ein solches Genre mögen oder nicht. Musik ist vor allem Geschmackssache und darüber lässt sich sehr wohl auch streiten.



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