Tod im Aktenstapel
Der wunderbare Sommer 2018 hat sich eigentlich noch nicht so ganz von uns Mitteleuropäer verabschiedet. Selbst mehr als 3 Wochen nach dem kalendarischen Herbstanfang klettern die Tagestemperaturen auf satte 25 Grad und mehr. Doch trotz der wohligen Wärme draußen, sind die Nächte längst kühl geworden. Damit beginnt die Natur sich auch langsam umzustellen. Die einst grünen Bäume und Pflanzen werden bunt, das Laub, die Blätter fallen und rieseln, von einem sehr milden Ostwind dazu getrieben, sichtbar auf den Boden herab.
Jetzt heißt es: Laub kehren!
So ganz nebenbei sondiere ich auch schon dann und wann die großen Aktenstapel in meinem Arbeitszimmer. Viele davon werden nach und nach in den Schredder und anschließend in die Blaue Tonne wandern. Bei einem Umzug sollte zuvor geklärt werden, welche Dinge wirklich mitgenommen werden.
Beim Hochheben der Papierstapel und Ordner sah ich sie dann wieder. Die Hornisse, die sich vor einigen Wochen, so in den letzten Stunden eines lauen Sommerabends, über die geöffnete Balkontür in das beleuchtete Zimmer gewagt hatte. Angelockt von der hellen Deckenlampe kreiste sie laut summend um den Metallschirm herum.
Wäre nicht dieser tragische Todesfall mit einem weitläufigen Bekannten gewesen, ich hätte vielleicht versucht, den Eindringling einzufangen und ins Freie zu bringen. So aber, bekam ich doch ein bisschen Respekt und ein mulmiges Gefühl. Ich holte die chemische Keule in Form von Fliegen - und Mückenspray hinter dem Vorhang hervor und jagte eine volle Ladung des giftigen Nebels in Richtung der brummenden Hornisse.
Nach einigen Minuten war der Spuk vorbei. Ich vernahm nur noch das typische Surren des Todeskampfes des Insekts. Dann war alles wieder ruhig. In den folgenden Tagen suchte ich eher sporadisch nach dem geflügelten Tier. Es blieb unauffindbar. Es hatte sich wohl in irgendeine dunkle Ecke verkrochen um dort zu sterben.
Nun aber lag es vor mir. Zusammen gekrümmt, wie eine winzige, eine kleine Sichel, lag die Hornisse auf dem grau gestrichenen Holzparkettboden. Eigentlich sah sie ja gar nicht so gefährlich aus. Und sie ist es auch nicht. Nur wenn sie oder das Nest bedroht werden, sind die schnellen Flieger angriffslustig. Und just das lässt sich eben dann nicht vermeiden, sofern ich sie hätte versucht einzufangen.
Sie wäre ohnehin wohl bald verendet. Das entspricht dem Lauf des vorgesehenen Lebenszyklus. Ob nun ein paar Tage mehr oder weniger, bleibt dann sowieso egal.
" To/Die/For " - " Somdeday, Somewhere, Somehow " - 2014 ( https://de.wikipedia.org/wiki/Tonmi_Lillman 9:
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